Genomische Vielfalt und Populationsstruktur der Leonberger Hunderasse
– Anna Letko,
– Katie M. Minor,
– Vidhya Jagannathan, 
– Franz R. Seefried,
– James R. Mickelson,
– Pieter Oliehoek &
– Cord Drögemüller
Genetik Selektion Evolution Evolution Band 52, Artikelnummer: 61 (2020) Diesen Artikel zitieren

Hintergrund
Leonberger ist eine riesige Hunderasse, die in den 1850er Jahren in Deutschland entstand. Seine Popularität nach dem Zweiten Weltkrieg hat zu einer weltweiten Population von derzeit ca. 30.000 Hunden geführt. Die Rasse hat Veranlagungen zu neurodegenerativen Erkrankungen und Krebs, was wahrscheinlich zum großen Teil auf die begrenzte genetische Vielfalt zurückzuführen ist. Bis heute gibt es jedoch keine wissenschaftliche Literatur über die allgemeine Demographie und die genomische Architektur dieser Rasse.

Ergebnisse
Wir untersuchten umfangreiche Stammbaumaufzeichnungen, SNP-Array-Genotypdaten und Ganzgenomsequenzen (WGS) von 142.072, 1203 bzw. 39 Leonberger-Hunden. Stammbaumanalysen identifizierten 22 Gründertiere und zeigten einen offensichtlichen populären
Vererber-Effekt. Der durchschnittliche pedigreebasierte Inzucht-Koeffizient von 0,29 und die durchschnittliche Verwandtschaft von 0,31 zeigen einen dramatischen Verlust an genetischer Vielfalt. Die beobachtete durchschnittliche Lebensdauer verringerte sich im Laufe der Zeit von 9,4 Jahren im Jahr 1989 auf 7,7 Jahre im Jahr 2004. Eine weltweite Gesundheitsumfrage bestätigte eine hohe Prävalenz von Krebs und neurologischen Störungen. Eine Analyse der SNP-basierten Homozygotie-Läufe (ROH) identifizierte 125.653 ROH mit einer durchschnittlichen Länge von 5,88 Mb und bestätigte einen durchschnittlichen Inzuchtkoeffizienten von 0,28. Die genomweite Filterung der WGS-Daten ergab 28 nicht-proteinverändernde Varianten, die bei allen Leonberger-Personen vorhanden waren, und eine Liste von 22 potentiell pathogenen Varianten für neurologische Störungen, von denen 50% nur bei Leonbergern und 50% selten bei anderen Rassen auftraten. Darüber hinaus war eine der beiden nachgewiesenen mtDNA-Haplogruppen nur bei einem Hund vorhanden.

Schlussfolgerungen
Die zunehmende Größe der Leonberger-Population ging nach dem Engpass in den 1940er Jahren mit einem beträchtlichen Verlust an genetischer Vielfalt einher, der auf den intensiven Einsatz von populären Vererbern zurückzuführen ist und zu einem hohen Inzuchtniveau führte. Dies könnte die hohe Prävalenz bestimmter Erkrankungen erklären; die genomischen Daten liefern jedoch keinen Beweis für fixe Kodierungsvarianten, die diese Veranlagungen erklären. Die Liste der Kandidaten für ursächliche Varianten der Polyneuropathie muss weiter ausgewertet werden. Die Erhaltung der gegenwärtigen!!! genetischen Vielfalt ist möglich, indem man die Anzahl der Individuen für die Zucht erhöht und gleichzeitig die Anzahl der Würfe pro Vatertier/Muttertier einschränkt. Darüber hinaus würde die Auskreuzung helfen, die langfristige genetische Vielfalt zu optimieren und zur Nachhaltigkeit und Gesundheit der Population beizutragen.
Link zum gesamten Artikel (englisch):

https://gsejournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12711-020-00581-3
Hervorhebungen: Jürgen Klehr

Ergänzungen:
Erhebung des erreichten Alters bei “von den Kleinen Seen”-Hunden. Erstellt 2015 durch Fragebogen an ehemalige Welpenkäufer unter Zucht/Genetik.

Link zur deutschen Übersetzung des gesamten Artikels:
https://www.leonberger.ch/de/images/Zucht/Zuechterecke/Genetische-Diversitaet_Original_Deutsch.pdf